Ein Zufluchtsort für Griechen und Italiener? Eine Immobilie in Berlin
18. Oktober 2013 -In Berlin wächst und wächst nun schon seit Jahren das Interesse an kleineren und mittleren Investitionen, vor allen Dingen wegen der niedrigen Immobilienpreise in der deutschen Hauptstadt. Zudem war es bisher ein sicherer Ort für die Ersparnisse von vielen Ausländern, zumeist von Spaniern, Italienern und Griechen. Immer mehr Menschen sind daran interessiert außerhalb ihres eigenen Landes zu investieren, und kaufen deshalb Immobilien, die eine Rentabilität von 3-4 % jährlich bieten, laut der Aussage von Elena Noman, einer Immobilienmaklerin in Berlin. Das ist eine Entwicklung, die vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre.
Sie zählen vor allen Dingen zur Mittelschicht und sind Lehrer, junge Pärchen, Architekten, Mediziner, Anwälte, aber auch Angestellte und Rentner. Sie alle teilen die Überzeugung, dass Deutschland ein sicherer Zufluchtsort ist, und dass “der Backstein nicht betrügt”. Sie wissen, dass Berlin eine Stadt ist, in der die Preise für Kunst oder Immobilien viel niedriger sind als in London oder Paris. In den meisten Fällen sprechen sie kein deutsch, und einige haben nicht einmal einen Fuß auf deutschen Boden gesetzt. Es sind hauptsächlich Spanier, Italiener und Griechen, in der Krise vereint durch das Bedürfnis, ihre Ersparnisse zu erhalten. Das ist das Profil der „neuen kleinen“ Anleger in deutsche Immobilien.
Die Zahlen bestätigen die Eindrücke. Einer Ende 2011 realisierten Umfrage eines deutschen führenden Immobilienportals zufolge, erhöhte sich die Nachfrage aus dem Ausland signifikant. Der Hauptaugenmerk gilt dabei der deutschen Hauptstadt Berlin, sowohl als auch den wirtschaftsstarken Regionen wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen.
Es wurden zudem Immobilienmakler interviewt, die ebenso den enormen Anstieg bestätigten. Dies vor allen Dingen aus Ländern, die am stärksten von der Krise betroffen waren. Die erhöhte Nachfrage kann zum einen der kritischen Situation auf dem Neubausektor in den Krisenstaaten und der darauf beruhenden Emigration zugerechnet werden, aber auch einem erhöhten, generellen Interesse von ausländischen Anlegern, behauptet der Präsident der AG Immowelt, Ulrich Gros.
Laut der von diesem Portal ausgeführten Studie, wird dies vor allen Dingen an den Suchanfragen auf dem deutschen Portal festgemacht, die aus dem Ausland kamen. Demnach wurden Ende 2011 475 % mehr Anfragen aus Spanien gestellt als noch im Jahr zuvor. Aus Italien waren es 351 % mehr und aus Griechenland 147 %.
Die Immobilienagenturen in Berlin haben diese Tendenz auch wahrgenommen. In den letzten Jahren stieg das Interesse für kleinere und mittlere Investitionen enorm, laut Elena Noman, katalanische Mitgründerin der Agentur BRICKBeRLIN. “Das Jahr 2011 war ein gutes Jahr und und seit drei Jahren wachsen die Aktivitäten”, sagt Elena Noman.
Sie und ihr italienischer Teilhaber arbeiten hauptsächlich mit spanischen und italienischen Kunden, mit einer proportionalen Nachfrage von diesen von 46 – 60 %. “Die spanischen Anleger neigen eher dazu, günstige Preise zu suchen, so zwischen 60 und 150 Tausend Euro. Die italienischen Anleger hingegen trauen sich schon etwas mehr, sie zahlen das was sie bereits vor einigen Jahren in Italien für eine Immobilie gezahlt haben, also zwischen 200 und 300 Tausend Euro.” Dabei ist selbstverständlich, dass diese Situation günstig ist für solche Makler, die andere Sprachen sprechen und es ihren Kunden ersparen, sich durch die deutsche Bürokratie zu kämpfen.
Laut Elena Noman haben nicht einmal 70 % ihrer Kunden die deutsche Hauptstadt besucht und werden es möglicherweise auch nie machen. Sie kaufen, um zu investieren und fragen nach den Fotos der Straßen, in der sich die Immobilie befindet, um sich eine Idee des Umfelds zu machen. Danach vertrauen sie einem sogenannten Sonderverwalter ihre Immobilie an, der sie in allen relevanten Fragen repräsentiert und sie auf dem Laufenden hält, was die Eigentümerversammlungen anbelangt sowie die die Einkünfte und Kosten - sprich, sie in allen Alltagsfragen vertritt und informiert.
Der Kaufprozess dauert ca. drei Monate. “Die spanischen Anleger kaufen im Allgemeinen eher Wohnungen, die bereits vermietet sind, die italienischen hingegen wünschen sich in der Regel Wohnungen, die für kurze Zeiträume als Ferienwohnungen an Touristen weitervermietet werden können” teilt sie mit. In letzter Zeit sind immer mehr Menschen daran interessiert, Immobilien zu kaufen, die eine Rendite von 3 – 4 % ermöglichen. Zudem wäre es vor einigen Jahren unvorstellbar gewesen, im Ausland Geld anzulegen.
Dieses Phänomen der Emigration aufzuhalten ist schier unmöglich.
Es sind einige Faktoren mit im Spiel. Die neuen Regierungen von Italien wie auch von Spanien und Griechenland haben oder sind kurz davor, neue Steuern auf den Grunderwerb einzuführen, die den Markt übersättigen. Die Regierung Monti hat mit seiner Methode “Save-Italia” zudem eine Steuer über 0,76 % auf Immobilien eingeführt, die im Ausland erworben worden sind. Diese Maßnahme bezieht sich auf jegliche Nutzung und wird bestimmt nach dem Typ der Immobilie und nach der Dauer, die man im Besitz der Immobilie ist. Die Prozentzahl wird auf der Basis des Kaufpreises kalkuliert, oder alternativ auch nach dem Marktwert, den die Immobilie hat. Diese Art von Steuern ohne Grenzen wird in den nächsten Jahren Einnahmen in Höhe von 98,4 Millionen Euro erwirtschaften.
Deutschland wägt sich langfristig gesehen in mehr Sicherheit. Die Situation in Berlin ist besonders: sie wurde bombardiert, dann durch eine Mauer geteilt, und begann sich erst in den 90er Jahren zu erholen und zu normalisieren. Seitdem sind die Preise gestiegen, sind aber dennoch noch nicht mit denen in anderen Städten zu vergleichen. Elena Noman, die keine Neubauwohnungen verkauft, versichert, dass die Preise sich zur Zeit auf 2.500€ pro Quadratmeter belaufen. Für Neubauwohnungen gelten Preise von ungefähr 3.500-5.000 € pro Quadratmeter.
Die Immobilienmakler in Berlin haben keinen Zweifel: Laut einem Gutachten von Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des deutschen Immobilienberaterbundes DIV, ist trotz der Turbulenzen in der Euro-Zone und der europäischen Union die wirtschaftliche Lage Deutschlands stabil. Der deutsche Markt ist neben den moderaten Preisen im Allgemeinen auch aufgrund der niedrigen Zinsen interessant für Anleger.
Dieses Phänomen kommt den Immobilienmaklern und allen wirtschaftlichen Aktivitäten, die einen Bezug zu Deutschland haben, zugute. Nichtsdestotrotz wird vor allen Dingen in Berlin zur Zeit augenscheinlich klar, dass sich dies gegen die Einwohner der deutschen Hauptstadt richtet, die in der Regel nicht Eigentümer ihrer Wohnungen sind (in Berlin sind nur 14 % Eigentümer der Wohnung, in der sie auch wohnen, dagegen besitzen aber im Rest Deutschlands 43% Eigentum). Diese Tendenz zeigt sich in Form von Gentrifizierung und Bürgerlichkeit, die das zerstört, was man in der Welthauptstadt als authentisch bzw. “Underground” empfunden hat.
In einem Artikel der Schriftstellerin Tanja Dückers, der vor kurzem in der Süddeutschen Zeitung erschienen ist, wird diese “neue Kultur des Hasses”, die sich in Berlin ausbreitet und durch Verbürgerlichung genährt wird, angeprangert. Diese "neue Kultur" richtet sich nicht gegen die Ausländer im Allgemeinen, sondern mehr gegen die “gerade Angekommenen” aus dem Rest Deutschlands, die oft für die Veränderung in den Bezirken, die früher alternativ waren, verantwortlich gemacht werden.
Quelle: Die Artikel wurde von Laura Lucchini am 24. Januar 2012 unter http://www.linkiesta.it/comprare-immobili-berlino veröffentlicht.